Sirenengesang I


– Komm in meine Liebeswanne,

Süßer, leg die Hüllen ab,

Nimm dir von der Honigseife

Und zum Badeschwammerl greife,

Und dann fängst du an zu schäumen

Und zu träumen in den Räumen

Die sich öffnen, also bitte,

Hupferl in die Wannenmitte!

Schiebst ein bisserl dich an mich

Näher ran, dann beiß ich dich

Hin, wohin du möchtest, nein,

Beiß du erst in mich hinein,

Denn das Beißen rein ins Schöne,

Fördert Lust und Launetöne,

Nämlich die vom tiefen Wollen,

Solln sie, Süßer, dir entrollen

Jetzt und immer her zu mir,

Roll ich sie zurück zu dir,

Willst nicht? Süßer, was bewegt

Dich und lässt dich unerregt?

Soll ich Milch ins Wasser mengen,

Wird dich das zur Wanne drängen?

Solln wir zwei ein Liederl singen,

Wird dich das zur Wanne zwingen?

Möchtest du das Wasser wärmer

Und die Raumbeleuchtung ärmer?

Mancher Mann sitzt mit Sandalen

Gerne zwischen Wannenschalen!

Süßer, könntest du mich kitzeln,

Könnts dir das Gemüt erhitzeln

Und dann auch die Außenhaut!

Ach, wie schön der Abend blaut,

Komm zur Wanne! Dann zur Wiese,

Süßer, und wir nehmen diese

Nach dem Badewannenwiegen

Gleich zum Durcheinanderliegen,

Süßer, komm …

                     

… Odysseus lauschte

Allem, was herüberrauschte

Vom Sirenenraunensingen,

Hörte es durchs Zimmer klingen,

Überm Ehebette kräuselnd,

Von der Lust der Götter säuselnd,

Wie es Träume ineinander webte …


… bis Penelope ihm eine klebte.







Sirenengesang II


Liebster Herbert, manchmal träume

Ich entschlossen vor mich hin:

Dass ich Herrenwäsche säume,

Dass sich mir die Kellerräume

Deines Daseins öffnen mögen,

Dass wir dort zusammenzögen

Wie die Siebenschläferpärchen

In den alten Liebesmärchen,

Dass ein Kellereckchen heimelt,

Dass sich ein Gedichtchen reimelt,

Und du liest die lieben Zeilen,

Und du musst dich nicht beeilen,

Kannst in Ruhe mich bedichten

Und derweil die Dinge richten,

Die da noch zu richten wären,

Wenn wir uns im Ungefähren

Nackt und unsichtbar verlören,

Ach, ich will es nicht beschwören,

Doch, ich ahn’ es, das Verpackte

Schön ist‘s, schöner ist das Nackte,

Denn ich sah sie in Gedanken

Oft in Nacktheit: deine schlanken

Herrenbeine neben meinen

Und mit meinen sich vereinen,

Herbert, pst! Das leicht Gesagte

Ist das besser nie Gewagte,

Weil: Mein Vater will den Fritz,

Der zwar schon den Alterssitz

Eingenommen hat, jedoch

Pfeift er auf dem letzten Loch.

Wenn er mir auch nicht gefällt,

Sitzt der Fritz doch auf dem Geld,

Und ich könnt ihn bald begraben

Und so die Millionen haben …


… du nimmst unterdessen dir

die dicke Liese,

Denkst an mich, Geliebter,

und entjungferst diese.







Eiernd


– Vor der Tür da draußen eiert

Einer, der mich grad entschleiert

In Gedanken, die ihn drängeln,

Mir den Schleier wegzusengeln,

Draußen hat er sich vors Schlüsselloch gekniet,

Und er eiert, weils ihm in die Augen zieht.


Könnt ja klopfen: Hallo drinnen,

Du da in dem Schleierlinnen,

Dürft ich dir zu Füßen kauern,

Schauernd unters Linnen lauern

Und nach einem Zipfel greifen

Und beim Runterstreifen reifen

Menschlich bis zum tierisch Heißen

Und dir in die Hüfte beißen

Und und und und außerdem und noch …

Und da kniet der Hammel eiernd vor dem Loch!





Liebeslied


– Dein Bild war auf die Fensterscheibe

In bunten Schatten hingetuscht,

Dann kams zu mir ans Bett gehuscht

Und hat geflüstert: Du, ich bleibe.


Und hat vorbeigeguckt deswegen,

Und hat sich rotgeschämt und schön,

So schöngeschämt und irgendwie

Wie immer schon bei mir gelegen.


Und alle Dunkelheiten kamen,

Und Kuss und Küsse waren neu

Erfunden, unerlaubt und gut,

Und alle Hände hatten Namen.





Winterlied


– Denkst du noch an jenen Sommerabend

Als der erste Kuss daneben ging?

Hast du noch die Rosen in der Nase?

Siehst du noch, wie hoch der Himmel hing?

 

Wär ich damals in den Baum gestiegen ...

Hätt‘ ich ein paar Sterne umgedreht ...

Hättest du beim Knöpfen still gehalten …

Ach, die Zeit hat alles überweht ...

 

Kälte ist schon übers Dach gekommen.

Winterblumen spannen Silbernetze.

Hätt‘st du je das Ende so gedacht?

Sommerwünsche wurden über Nacht

Zwei im Schnee vergessne Lieblingsplätze.







Beim Spechtbelauschen


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 – Nu sagense schon: Da steh ick doch und wirke!

Da sindse doch vor Staunen erstma stumm!

Da steh ick wie jemalt an einer Birke

Und breite Wirkung vor mir aus und um mich rum.


Was mein Frisör mir übers Haupt jetopft hat,

Ist nach Modell jemacht und kommt aus Zwaziland,

Und eben, als der Birkenspecht jeklopft hat,

Da sag ick zu mir selber: Allerhand,


Was du da hinstellst mitten ins Jeblümte!

Ick sag: Anita, sag ick, bleib so, nix vertauschen,

Bis eener kommt, und malt dir als berühmte

Madonna mit dem Topf beim Spechtbelauschen.







Ach, Klärchen …


– du hast … du hast … was hast du nur?

Du bleibst mir alles, alles schuldig,

Geschnürtes gibst du für Figur,

Du legst dich hin und machst es pur,

Unvorbereitet nackt und herzlich ungeduldig.


Wenn ich für Streichelhände bin,

Bist du für kalkuliertes Greifen,

Und bitte ich um Neubeginn

Nach kurzgefasstem Immerhin,

Gähnst du und gähnst und zählst Matratzenstreifen.


Und dennoch, grobe Kreatur,

Da ist etwas, dem ich mich beuge,

Kein Rätsel, keine Politur,

Du nimmst und gibst es hart retour,

Und dennoch, wie erklär' ich's nur:

In deinen Baggerarmen weiß ich, dass ich zeuge.







Fritze, weißt du noch?


 – Ich hab ein langes Bad genommen,

Die Tante Meta kochte Tee,

Und auf dem Kacheltisch am Fenster

Lag griffbereit das BGB.


Schön, wie in Blumen eingehüllt,

Stand ich auf einmal an der Tür,

Und meine Kinderaugen sprachen:

Was kann denn unsereins dafür,


Es liegt im Blut, die Tante schweigt,

Mich ziehts zu dir aufs Kanapee.

Die Tante schwieg. Und blätterte.

Und kreuzte an im BGB.




 


Dschungelmelodie


 – Klar, der Heinz ist nur Attrappe,

(dass er Heinz hieß, wussten Sie?)

Und sein Herz ist jetzt aus Pappe,

Doch die Zähnefletscherklappe

Steht dem Heinz noch irgendwie.


Mich betreffend kann man sagen,

Gestern noch war ich ein Tier,

Hacken in die Kerle schlagen,

Wie der Heinz im Dschungel jagen,

Biege-Blues auf dem Klavier,


Männerleichen ohne Ende,

Jeden nahm ich in die Kur,

Killer-Willi hob die Hände

Vorm Zerbaggern seiner Lende,

Und dann kam die Müllabfuhr.







Orchidee in Prosa


 – Ich mach mal Pause. Denk ein bisschen nach.

Lass mich in rosa Wattebilder fallen.

Eh‘ ich mit dem sensiblen Heinrich brach,

War meine Welt die lauschigste von allen.


Ich hatte Liebe. Und ein Auto. Na, und mich!

Und Hoffnung – keine Ahnung mehr auf was.

Dann setzte der sensible Heinrich sich

In Richtung Knast ab, und mit Rosa war es das.


Seither bin ich ein Mensch, der irrt durchs Leben,

Ich guck die Kerle an, die gehn dann mit,

Auch ein Sensibler bleibt mal an mir kleben,

Doch fasst kein Heinrich mehr so richtig bei mir Tritt.


Das Denken führt mich nicht zurück ins Rosa.

Auch nicht der Dichter, der mich gleich besucht,

Er nennt mich seine Orchidee in Prosa

Und hat zum Schnäppchenpreis bei mir gebucht.







Zielen Sie!


 – Erst zielen Sie betrachtend mal auf Mitte

Und blenden ganz die Außenlandschaft weg –

Was sehn Sie? – Konzetrieren Sie sich, bitte!

Sie sehen, na? Ein hingewölbtes Eck,


Wie es der Künstler gern in Marmor haut.

Wie es in Parks den Mittagsschlendrer schreckt.

Wie man es gern zu Brunnenschmuck verbaut.

Wie es im Kenner das Erschauern weckt.


Jetzt zielen Sie betrachtend mal auf mich,

Auf mich als Ganzes, wenn Sies noch vermögen:

Sie sehen, na? Sie sähen mehr, wenn sich

Die Bilder, die Sie sehn, zusammenzögen


Zu einem Wunschtraumbilderbuchgeblätter,

Das wär dann ich. Ganz Wölbung. Nicht nur Eck.

Sie sehn das nicht? Dann haben Sie halt Bretter …

Am besten blenden Sie die ganze Landschaft weg.



 


 

Omas Holz

 – Meine Oma sagte immer:

Zeig nicht alles, Kind, verhülls

Leicht, und mit verheißungsvollen

Halbdurchsichtigkeiten fülls.


Musst das Nackte, sprach die Oma,

Hinter der Gardine halten,

Denn dann gibt es was zum Wegziehn,

Und dann kann sich was entfalten.


Meine Oma hatte stolze

Dreiunddreißig Enkelinnen,

Alle sind aus Omas Holze:

Außen Tüll und Hölle innen.

  


 




Fotoshooting anno prüm


 – Und? Der Fotograf, der wollte,

Det ick mir verknautschen sollte,

Beene ineinander legen,

Arme hinterm Rücken schrägen,

Gar keen Lächeln durft ick bringen,

Gucken wie beim Wäschewringen,

Und die allerschönsten Teile

Wie zwee Lampen! In der Eile

War keen Sofa aufzutreiben,

Also uffm Teppich bleiben,

Und im Rücken eene Kiste,

«Mädchen», schrie er, «nackert biste,

Und det reicht, im Hintajrund

Fehlt eventuell een Hund,

Hätten wir mehr Atmosphäre,

Iss ejal, am scheensten wäre,»

Schrie er, «denkst ans Kohlenschippen,

Det bringt Farbe uffe Lippen,

Achtung, kieken! Nich bewejen,

Seele uffn Friedhof lejen,

Bloß nich wackeln, jrade sitzen,

So, jawoll, jetzt lass mers blitzen!»

Und? Wenn da een Hund jestanden

hätte, hätten

Der und ick det Scheißbild och nicht

retten können, wetten?




  



Sonetto siciliano


 – Ich habe eine Liebste auf Sizilien,

(vielleicht, ich weiß es aber nicht genau),

Ich denk sie mir als zeitentrückte Frau

Inmitten sizilianischer Fossilien:


Da steht ein Krug und vor dem Krug, verführend,

Hockt meine Liebste, schön und fossiliert,

Oft bin ich schon um sie herumstolziert,

Den Mann betonend und Verlangen schürend


Und hoffend, dass sie sich nach mir verzehre;

So, wie auch mich die Gier nach ihr zerquält,

Wenn sie sich manchmal aus Vergangnem schält,


Gedanklich – nackt die Gegenwarten sucht,

Auf Sizilianisch einen Lustfluch flucht

Und unversehens türmt. Ins Ungefähre


Und zieht mich wie ein Spielzeug hinterher …

(Wenn das nicht typisch sizilianisch wär!)


 





Kettenraucher-Tango


 – So lieben wir ihn den Verbraucher:

Dem Tode nah als Kettenraucher!


Ich gebe mich dem Rauch

Mit Wonne hin und auch

Von Kringeln eingekettet,

In Düfte eingebettet, 

Lass ich in blauen Schwaden

Gedankenbilder baden

Von dir geliebtes Stück,

Du Raucherzwischenglück.


Ich gebe mich dem Rauch

Mit Wonne hin und auch,

Wenn ich in meiner Nähe

Nur Nebelmäuse sehe,

So seh ich in Gedanken

Mich dir entgegenwanken,

Geliebte, ach, von fern,

Umgaukelt mich dein Stern.


Du schönster von den mir bekannten Engeln,

Du Traumstopp zwischen zwei gepafften Stengeln,

Du Fünfminutenseligkeitensüße,

Die ich aus meinem Raucherhimmel grüße,


Wenn ichs vielleicht schon morgen übertreibe

Und mittels Rauchvergiftung mich entleibe,

So schick ich dir von oben blaue Blicke

Und knicke dir von dort aus dann das Herz.


Ich gebe mich dem Rauch

Mit Wonne hin und auch

Von Kringeln eingekettet …


Ich gebe mich dem Rauch

Mit Wonne hin und auch,

Wenn ich in meiner Nähe …


Wärst du doch ein Rauchgeschlängel,

Nähm ich dich am Liebesgängel

Und in stetigem Bemühen,

Könnt ich dich auf Lunge ziehen,


Wärst du doch ein Lustgebilde,

Qualmend und aromamilde,

Könntest du für mich erglühen

Und mir um die Nase blühn.


Weils nicht so ist,

Und du es nicht bist,

Lass ich in blauen Schwaden

Gedankenbilder baden

Von dir geliebtes Stück,

Du Raucherzwischenglück,


Lust am Rauch,

Die tut es schließlich auch,

So seh ich in Gedanken,

Mich dir entgegenwanken,

Geliebte, ach, von fern

Umgaukelt mich dein Stern.